Die neue Dokumentation „Deaf President Now!“ beleuchtet ein Kapitel US-amerikanischer Geschichte, das trotz seiner historischen Tragweite bislang kaum bekannt ist. Unter der Regie des Oscar-nominierten Produzenten, Co-Regisseurs und Gehörlosen-Aktivisten Nyle DiMarco sowie des Oscar-prämierten Filmemachers Davis Guggenheim erzählt der Film die bewegende Geschichte eines der bedeutendsten Proteste in der US-Bildungsgeschichte – und einen Wendepunkt in der Gehörlosenbewegung.
Gallaudet University 1988: Der Auslöser eines Protests
Im Frühjahr 1988 entschied das Kuratorium der renommierten Gallaudet University in Washington D.C., einer Hochschule für Gehörlose, eine hörende Präsidentin zu ernennen – trotz zweier ebenfalls qualifizierter gehörloser Kandidaten. Diese Entscheidung löste eine beispiellose Protestbewegung unter Studierenden und der Gehörlosengemeinschaft aus.
Innerhalb von acht Tagen voller Demonstrationen, Blockaden und Boykotts entwickelte sich eine Bewegung, die weltweit für Aufmerksamkeit sorgte. Die Forderung war klar: Ein gehörloser Präsident für eine Universität der Gehörlosen. Das Ergebnis: Der Rücktritt der ernannten hörenden Präsidentin Elisabeth Zinser und die Ernennung von Dr. I. King Jordan – dem ersten gehörlosen Präsidenten in der Geschichte Gallaudets.
Die Ereignisse, die unter dem Schlagwort „Deaf President Now!“ (DPN) bekannt wurden, markierten einen historischen Meilenstein. Nicht nur veränderten sie die Gallaudet University nachhaltig, sondern sie wirkten sich direkt auf die Entwicklung des „Americans with Disabilities Act (ADA)“ aus, einem der wichtigsten Gesetze zum Schutz von Menschen mit Behinderung in den USA.
Exklusive Einblicke und neue Perspektiven
Die Doku vereint exklusive Interviews mit fünf zentralen Figuren der Bewegung, darunter die legendären DPN4:
- Jerry Covell
- Bridgetta Bourne-Firl
- Tim Rarus
- Greg Hlibok
Auch I. King Jordan selbst kommt zu Wort. Ergänzt wird das Ganze durch eindrucksvolles Archivmaterial sowie geskriptete, narrative Sequenzen, die die emotionale Tiefe und soziale Dynamik dieser Bewegung visuell fassbar machen.
Ein filmisches Experiment: Deaf Point of View
Besonders innovativ ist der erzählerische Stil der Dokumentation: Mithilfe des sogenannten „Deaf Point of View“ werden impressionistische Bildsprache und ein facettenreiches Sounddesign kombiniert, um das Publikum unmittelbar in die Erfahrungswelt gehörloser Menschen eintauchen zu lassen. Dieser künstlerische Ansatz hebt die Produktion nicht nur technisch, sondern auch emotional hervor.