Genre: Romanze / Komödie | Produktion: USA 2022 | Laufzeit: ca. 115Minuten | Regie: Nicolas Stoller
Mit: Billy Eichners, Luke Macfarlane, Guillermo Diaz u.a.
Inhalt: Der Podcaster und Autor Bobby Lieber (Eichner) ist erfolgreich, unabhängig und ziemlich einsam. Er hat sich mit einem Leben voller Dating-Apps und Gelegenheitssex abgefunden. Sein Zynismus gegenüber der modernen Liebe wird jedoch in Frage gestellt, als er den gutaussehenden Aaron (Macfarlane) kennenlernt – und das mitten in einem wichtigen Karrieremoment, nämlich der Eröffnung eines neuen LGBTQ+ Museums.
Die bloße Existenz von Bros sollte nicht bemerkenswert sein, aber sie ist es. Man kann es kaum glauben, aber es ist die allererste Liebeskomödie mit offen homosexuellen Darstellern, die von einem Mainstream-Studio in die Kinos gebracht wird. Dass es so lange gedauert hat, ist natürlich ein Unding. Aber ist Bros ein Film, der dieses Meilensteins würdig ist? Die Antwort lautet: Ja, absolut, und sogar darüber hinaus.
Um das klarzustellen: Es handelt sich nicht um eine typische Liebesgeschichte, bei der einfach ein heterosexuelles Paar gegen ein schwules ausgetauscht wird. Wie Billy Eichners Hauptfigur Bobby schon in den ersten Minuten feststellt, ist die Aussage „Liebe ist Liebe“ nicht ganz richtig: Schwulen-Beziehungen sind anders, Schwulen-Freundschaften sind anders, Schwulen-Sex ist anders.
Ticket ins Paradies ist eine amüsante und willkommene Flucht aus der Realität
Und obwohl der Film immer noch hinreißende, konventionelle Romantik-Momente bietet, spiegelt Bros diese grundlegende Andersartigkeit durchgehend wider. Es gibt kein süßes Kennenlernen im eigentlichen Sinne. Die beiden Hauptfiguren werfen sich zwar Blicke zu, aber es handelt sich um einen neongetränkten Nachtclub voller halbnackter schwuler Männer.
In einer großen Liebesszene geht es weniger um das zärtliche Händchenhalten, das wir schon so oft gesehen haben, als vielmehr um Intimität durch das Überschreiten der Grenzen der Körperlichkeit und die Neudefinition der Rollen im Schlafzimmer.
Aarons und Bobbys Höhen und Tiefen sind raffiniert geschrieben
Selbst die unvermeidlichen Stolpersteine in der eigentlichen Beziehung sind sehr spezifisch für die Erfahrung von Schwulen und Queers. Dabei werden Themen wie verinnerlichte Homophobie, gesellschaftliche Vorstellungen darüber, wie schwule Männlichkeit aussieht, und der Kampf darum, man selbst zu sein, in einer Welt, die einem vorschreibt, das Gegenteil zu sein, mit einbezogen.
Bros ist ein langjähriges Herzensprojekt des Komikers (und Co-Autors) Billy Eichner. Und er ist ein äußerst charismatischer Hauptdarsteller. Intelligent, witzig und voller Selbstironie ist er anfangs so atemlos wortgewaltig, dass man kaum Zeit hat, die Szenen auf sich wirken zu lassen. Doch je weiter Bros sich entfaltet und Bobbys Schwächen aufgedeckt werden, desto mehr brilliert Eichner.
Der Gesang der Flusskrebse ist eine glanzlose und uninspirierte Roman-Adaption
Seine Darstellung in den ernsteren Momenten – vor allem während eines besonders eindringlichen Monologs am Strand – ist subtil und herzlich. Dabei behält er stets den Sinn für Humor, der Bobby (und Bros) so sehenswert macht. Eichner wird wunderbar ergänzt durch Luke Macfarlanes umwerfend gut aussehenden Aaron. Einen Testamentsvollstrecker und unverbindlichen Gruppensex-Liebhaber, der nach außen hin so wirkt, als hätte er sein Glück gefunden. Doch unter der Oberfläche steckt er in einer Glaubenskrise.
Aarons und Bobbys Höhen und Tiefen sind raffiniert geschrieben, beide sind in der Lage, das Beste und das Schlimmste aus dem jeweils anderen herauszuholen, so wie es nur Menschen können, zu denen man eine tiefe Verbindung hat, deren Chemie spürbar ist.
Schonungslos Humorvoll mit hoher Witzdichte
Macfarlane hat eine Herzlichkeit und Aufrichtigkeit, die Aaron selbst in seinen dunkelsten Momenten sympathisch macht. Er ist das perfekte Gegenstück zu Eichners aufbrausendem, vor Selbstbewusstsein strotzendem Charakter.
Vor allem aber sind die beiden zwei wunderbar komplexe, sehr ausgeprägte schwule Charaktere – und keine zweidimensionalen Klischees. Wir wissen also, dass Bros den „Rom“-Teil beherrscht – aber was ist mit dem „Com“-Teil? Da Eichner als Co-Autor fungiert, ist es keine Überraschung, dass dieser Film wirklich lustig ist. Was einen vielleicht überrascht, ist, wie schonungslos humorvoll er ist.
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Die Witzdichte ist im ersten Akt enorm, angefangen von bissigen Einzeilern über geniale Gags bis hin zu bissigen Kommentaren zur modernen Dating-Kultur. Der Humor wird durch sein Engagement für Inklusion nie beeinträchtigt, sondern eher noch verstärkt. Als Aaron und Bobby sich näher kommen und der Film an Tempo gewinnt, verliert der Mittelteil ein wenig an Fahrt.
Doch Eichner und Regisseur und Co-Autor Nicholas Stoller sorgen immer wieder für höchst amüsante Szenen. So gibt es eine angespannte Abendessen-Szene mit singenden Kellnern, eine unerwartete Interaktion mit einem Stargast und einen missglückten Versuch der Polyamorie, um nur einige zu nennen.
Der Wunsch, die Menschen über die queere Geschichte zu informieren, ist ein wesentlicher Bestandteil von Bros
Diese Szenen werden von der mehrheitlichen LGBTQ+-Besetzung gekonnt umgesetzt, wobei Bobbys Freundeskreis und seine Kollegen im neuen Museum, das er aufbauen will, die Hauptrolle spielen.
Dieser Schauplatz ist ein kluger Weg, um Bros mit pädagogischen Elementen zu versehen, und der Wunsch, die Menschen über die queere Geschichte zu informieren, ist ein wesentlicher Bestandteil von Bobbys Charakter. Der Film haut einem diese Dinge nicht um die Ohren, sondern lädt einen dazu ein, sie zu erfahren.
Meine Stunden mit Leo ist eine mit viel Feingefühl und Wärme erzählte Liebesgeschichte
Die beeindruckende Montage von LGBTQ+-Pionieren aus vergangenen Jahrzehnten und die Erinnerung daran, dass diese Gemeinschaft im Laufe der Geschichte immer wieder zum Schweigen gebracht und ausgelöscht wurde, macht die Präsenz dieses Films auf der großen Leinwand umso ergreifender, die Darstellung umso zufriedenstellender und die emotionalen Bögen der Hauptfiguren umso eindringlicher.
Hollywood hat über ein Jahrhundert gebraucht, um uns einen Film wie Bros zu präsentieren – wir sollten nicht so lange auf den nächsten warten.
Fazit: Bros ist von Anfang bis Ende amüsant, mit zwei exzellenten Hauptdarstellern und einer gehörigen Portion queerer Freude. Der Film bedient klassische Liebeskomödien und gibt dem Genre ein erfrischendes, dringend benötigtes Update.
Film Bewertung 7,5 / 10
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